Die Haftelmacher

   
   
   
   

Die Tätigkeit eines Haftelmachers ist sehr schwierig: Er paßt auf. Sehr schwierig, weil er einerseits der Inbegriff eines Aufpassers ist, anderseits als Aufpasser durch viele staatliche und private Aufpasser bereits verdrängt worden ist. Die Polizei bewacht die Bürger und paßt auf, daß nichts die Bürgerruhe Störendes geschieht. Das Finanzamt paßt auf, daß dieselben Bürger ihre steuerlichen Pflichten erfüllen. Die Banken wiederum verwalten Sparkonten der Bürger und passen auf, daß keine Unregelmäßigkeiten damit passieren. Selbst auf den Autoparkplätzen sind die Haftelmacher durch mechanische Münzschranken verdrängt. Gelegentlich trifft man allerdings auf Männer mit ausgestreckten rechten Hohlhänden, die so tun, als ob sie wie die besagten Haftelmacher aufpassen würden, ohne jedoch solche zu sein.

Dennoch haben die Haftelmacher sich gehalten und kommen ihrer Pflicht als Aufpasser nach. Nun werdet ihr fragen, worauf zum Teufel passen diese Haftelmacher eigentlich auf? Habt ihr noch nichts vom Fersengeld gehört? Das ist Geld, das man gibt, bevor man sich davon macht. Die Haftelmacher passen auf, daß das Fersengeld ordentlich gewechselt wird und daß niemand türmt, bevor er Fersengeld gegeben hat. Gelegentlich kommt es natürlich auch vor, daß jemand falsches Fersengeld gibt. Der Übeltäter wird jedoch in der Regel von den Haftelmachern sehr rasch ausgeforscht, denn schließlich haben die Haftelmacher ihren Ruf als Aufpasser zu verlieren.

Die Haftelmacher sind jedenfalls mit ihrer Tätigkeit sehr zufrieden. Im Fersengeldgeschäft werden sie kaum von anderen verdrängt, denn schließlich kann man Fersengeld nur geben und nicht nehmen.

 

©  Peter Weinberger 2015