Das Stockbett

 
 
 

Guido hatte ein Stockbett, das heißt, ein Bett in zwei Etagen, wo man oben und unten schlafen kann. Mit einer Leiter, um in den oberen Stock zu gelangen. Bald sollte Guido oben schlafen und die kleine Schwester, jenes unerklärliche Wesen, das sich überall dazwischen drängte, dagegen unten. Eigentlich freute sich Guido darauf, groß genug zu sein, um oben zu schlafen. Obwohl es nur zwei Betten sind, war doch ein gewaltiger Unterschied zwischen oben und unten. Das untere Bett hatte ein Dach, es war wie ein Haus. Man konnte sich dort geborgen fühlen und viele Dinge um sich betten, um richtig einschlafen zu können. Stofftiere, Autos und was sich halt so ergibt. Oben war es ganz anders. Das obere Bett glich eher einem Beobachtungsstand. Man konnte fast mit einem Blick das ganze Zimmer überblicken. Außerdem hatte man das Gefühl, über den Dingen zu sein.

Allerdings zu heftig durfte man darin nicht schlafen, sonst krachte man gegen die Schutzwand. War man unten geborgen wie in einem Haus, so war es oben eine Zufluchtsstätte, in die man sich zurückziehen konnte.

Guido konnte eigentlich nicht verstehen, warum andere Leute nicht in Stockbetten schlafen wollen. Guido wollte nicht um die Burg mit einem gewöhnlichen Bett tauschen: Er war höchst zufrieden mit seiner Nachtbehausung.

 

©  Peter Weinberger 2015