Liegende Frau, parthisch (Iran, Mesopotamien), 200 v.u.Z. - 200 n.u.Z.
Als ich im Dezember 2009 im Institute for the Ancient World der New York University die Ausstellung The Lost World of Old Europe sah, war ich fasziniert von den dort gezeigten Objekten einer Kultur, die zwischen 3500 und 5000 v.u.Z. in Südosteuropa blühte. Ich war tief beeindruckt von der Abstraktheit der Darstellungen, insbesondere von der geometrischen Anordnung im sogenannten Frauenparlament. Die Ausstellung umfaßte lediglich zwei Räume, die sich aber als wahre Schatzkammern erwiesen. Ich glaube, ich habe die Ausstellung viermal besucht und somit vermutlich einen halben Tag dort verbracht.
Bei dem Versuch, die merkwürdige Anordnung von weiblichen Figuren im Frauenparlament zu verstehen, schob sich immer wieder der Gedanke in den Vordergrund, es könnte sich auch um einen Kalender handeln. Um einen ganz besonderen Kalender muß es sich handeln, dachte ich mir, um einen Kalender, vielleicht von Frauen als Zeitmaß für Frauen erdacht. Fünfzehn Figuren in einem Kreis aufzustellen, überlegte ich, muß einfach eine sehr reale Bedeutung haben. Die erste Geschichte, unmittelbar nach den Besuchen in jener Ausstellung aufgeschrieben, widerspiegelt diesen Versuch.
Irgendwann danach habe ich gelesen, daß sich vierzehn Frauen im Verlassenschaftsgericht um einen Anteil am Erbe nach Gustav Klimt gestritten haben. Klimts vierzehn Frauen ließen in mir die Idee entstehen, zu dem an die 6000–7000 Jahre alten Kalender Geschichten mit der jeweils zutreffenden Zahl von Frauen zu verfassen und zwar in einer Reihenfolge, nach der vielleicht ein solcher Kalender verwendet worden ist. Dies bedingt, daß es nun zum Beispiel drei verschiedene Geschichten von sechs Frauen gibt. Lediglich für sieben bis fünfzehn „Frauen“ bedarf es jeweils nur einer Geschichte.
Außerdem entschloß ich mich, vielleicht auch deshalb, weil im Metropolitan Museum der Raum mit zykladischer Kunst mein Lieblingsort ist, als Illustrationen Bilder von Skulpturen bzw. von Teilen davon zu verwenden. Diese Skulpturen, in einem Zeitraum von fast 10.000 Jahren entstanden, verbindet ein einziges Thema: „Die Frau.“
Reihenfolge der Geschichten:
Äußerer Kreis: Fünfzehn Geschichten
(Erster) Halbkreis: Sechs Geschichten
Zentrum: Eine Geschichte
(Zweiter) Halbkreis: Sechs Geschichten
© Peter Weinberger 2015