Einfach zum Aufhängen

   
   
   
   

Vorhang - Hinterhang - Zusammenhang - Gegenhang - Abhang - Hinaufhang - Zwischenhang – Aufhang – Weghang - Nachhang – Anhang – Umhang

Guido fand, daß viele Dinge schlicht und einfach lächerlich sind. Da gab es zum Beispiel das Wort „Hang“. Aber wie vieldeutig konnte dieses „Hang“ sein, denn zwischen Vorhang und Nachhang war ja ein nicht unbedeutender Unterschied. Lächerlich war das Wort „Hang“ einfach deswegen, weil alles, was mit „Hang“ zu tun hatte, unlogisch war.

Steht man vor dem Fenster, nun gut, dann ist eben der Vorhang davor, jedoch hinter dem Fenster gibt es keinesfalls ein Hinterhang. Jeder Mensch weiß, daß man durch ein Fenster in zwei Richtungen schauen kann, nämlich hinein und hinaus. Aber der „Hang“ vor dem Fenster ist immer ein Vorhang, einen Nachhang oder Hinterhang gibt es nicht.

Aber nicht nur der Vorhang störte Guido, auch der Zusammenhang war eigentlich komisch, denn alles, was nicht zusammen gehört, ist eigentlich gegeneinander, und ein Gegenhang, das wußte auch Guido, ist etwas, das vor allem das Rodeln oder Schifahren im Winter reizvoll macht. Da fährt man einen Abhang hinunter. Allerdings, um wieder hinaufzukommen, muß man den Abhang und nicht den Auf- oder Hinaufhang erklettern.

Zwischen verschiedenen Dingen konnte also ein Zusammenhang, ja ein Zwischenhang, bestehen. Allerdings, und das wußte Guido mit Sicherheit, wenn der „Hang“ im Theater aufging, dann hob sich nicht ein Aufhang, sondern ein Vorhang.

Überdies meinte Guido, daß zumindest eine gewisse Ähnlichkeit mit „hängen“ vorhanden sein sollte. Die häufige Ermahnung, seinen Mantel aufzuhängen und nicht einfach irgendwo fallenzulassen, erinnerte ihn daran, daß auch das mit „aufhängen“ nicht ganz stimmten kann. Ein Mantel, den man aufhängt, überlegte Guido, hängt man weg. Auch der Umhang seiner kleinen Schwester mußte stets weggehängt werden. Aber es ist kein Weghang damit verbunden: das „Weghängen“ bedeutete offensichtlich bloß „Aufhängen“.

Schließlich setzte sich Guido hin und machte ein kleines Gedicht:

 

Steht man hinter dem Vorhang,

so ist jener kein Hinterhang,

vielmehr besteht kein Zusammenhang,

auch nicht mit dem Zwischenhang.

 

Dagegen auf einem Abhang,

hat man den Rucksack im Nachhang,

ist man jedoch am Gegenhang,

dann dreht man sich um zum Anhang.

 

Guido fand sein Gedicht sehr schön, denn alles reimte sich auf „Hang“. Und Guido hatte nun einmal einen „Hang“ zum Festhalten dessen, was ihm seine Umgebung an Unterhaltung bot.

 

©  Peter Weinberger 2015