DIE KLEINE FRAU HOFMANN

Zwei Fast-Kriminalgeschichten aus der Wiener Leopoldstadt

Die kleine Frau Hofmann

Der Bilderdiebstahl

 

Illustrationen: Jürg Moser

 

Bilder, Illustrationen, Darstellungen zu einem Buch können einen Text visuell unterstützen, mit ihm zu einem Ganzen verschmelzen, ohne ihre Eigenständigkeit zu verlieren: sie verbinden sich mit Worten, Sätzen oder erzählen eigene Geschichten. Sie können sich aber auch loslösen, scheinbar wegführen vom Gegenständlichen des Erzählten, so wie in dem vorliegenden Buch, in dem die beklemmende Alltäglichkeit des Hintergrundgeschehens nichtgegenständliche Illustrationen zur Abstraktion benötigt. Die Abstraktion des Bildlichen dient so auch der abstrakten Überhöhung des Textes, um ein Abgleiten, Abschieben in das nur persönlich Erlebbare bzw. bereits Erlebte zu verhindern.

Selbstverständlich sind beide Erzählungen, "Die kleine Frau Hofmann" und "Der Bilderdiebstahl" frei erfunden, genauso wie vorkommende Personennamen. Nicht so einzelne Personen: sie hat es tatsächlich gegeben, wenngleich auch in einem anderen Zusammenhang: so manche Episode ist eben nicht Fiktion, sondern entspricht realen Begebenheiten.

 

Franz Halamka hieß der Tote, den die Müllabfuhr zeitlich in der Früh vor einer Litfaßsäule liegend in der ...straße im zweiten Wiener Gemeindebezirk entdeckt hatte. Erschlagen mit einem stumpfen Gegenstand, wie der Polizeibericht lautete, der im übrigen keinerlei Hinweis auf den Fetzen Papier enthielt, den der Tote in der Hand gehabt haben soll. Die Kriminalpolizei tappte einigermaßen im Dunkeln, da offensichtlich keinerlei Raubabsicht mit dem Mordfall verbunden war: in der Brieftasche des Toten befanden sich mehrere tausend Schilling, eine Scheckkarte und sogar dazu gehörende Schecks.

Franz Halamka, wohnhaft in Wien 2, ....gasse Nr. 7, zugleich Besitzer der genannten Liegenschaft, wie es im Bericht hieß, war eine wohlbekannte Persönlichkeit zwischen Schweizerhaus und Lasallestraße. Ein adretter, sorgfältig gepflegter, alter Herr, meinten die Nachbarn, der in recht begüterten Verhältnissen gelebt haben mußte, da sich niemand daran erinnern konnte, daß er jemals einer geordneten Tätigkeit nachgegangen war. Seine Wohnung, im ersten Stock jenes Hauses gelegen, befand sich jedenfalls in einem sehr ordentlichen Zustand. Auch hier konnten keinerlei verdächtige Spuren gefunden werden, noch schien irgend etwas auf ein gewaltsames Eindringen hinzudeuten.

Aus der ersten Erzählung: "Die kleine Frau Hofmann"

 

 
 
Österreichisches Literaturforum 1999
ISBN 3-900959-91-9